Die Geschichte des Mikroskops im 20. Jahrhundert

13. März 2023

Im 20. Jahrhundert hat der Mensch erstmals den Mond betreten und Sonden ins All geschickt. Doch auch eine andere Dimension war Gegenstand spannender und wichtiger Entdeckungen: die Welt unterhalb der für uns Menschen sichtbaren Größe.
Die Erfindung des Elektronenmikroskops ermöglichte es, winzige Strukturen im Nanometerbereich zu untersuchen. Die Ergebnisse haben bis heute Auswirkungen auf die Materialwissenschaften, die Biologie, die Medizin und andere wissenschaftliche Disziplinen.

Das Wichtigste in Kürze

  • die Weiterentwicklung der Mikroskope hat die Wissenschaft maßgeblich beeinflusst
  • vor allem das Elektronenmikroskop führte zu einem neuen Verständnis der Vorgänge, die sich in kleinsten Größenordnungen abspielen
  • die Auswirkungen auf verschiedene wissenschaftliche Bereiche sind enorm und haben dazu geführt, das Leben der Menschen zu verbessern

Vorstoß in eine neue Welt – das Elektronenmikroskop

Das Elektronenmikroskop war im 20. Jahrhundert nicht nur eine der wichtigsten Erfindungen im Bereich der Mikroskopie, sondern auch der gesamten Wissenschaft.
Die Grundlagen zur Entwicklung hatten Forscher bereits im späten 19. Jahrhundert gelegt, als sie Experimente durchführten, bei denen Elektronen durch ein elektrisches Feld geleitet und dort abgebremst wurden.
Gegen Ende der 1920er-Jahre hatte der Physiker Max Knoll gemeinsam mit seinem Studenten Ernst Ruska ein erstes funktionsfähiges Elektronenmikroskop entwickelt, das in der Lage war, Objekte darzustellen, die nur rund 50 Nanometer groß waren.
Ein weiterer Durchbruch gelang mit der Entwicklung des Transmissionselektronenmikroskops (TEM), welches noch schärfere Auflösungen ermöglichte.

Die Erkenntnisse der Atomphysik auf die Mikroskopie übertragen

Das Funktionsprinzip eines Elektronenmikroskops ist dem eines normalen Mikroskops ähnlich; statt Licht nutzt die Technik jedoch Elektronen, um Objekte zu vergrößern. Dabei richtet das Gerät Elektronenstrahlen, die zuvor durch Linsen passieren, auf das jeweilige Objekt, sodass ein vergrößertes Bild auf einem Bildschirm oder Detektor entsteht.
Die kurze Wellenlänge der Elektronen ermöglicht die Darstellung sehr viel kleinerer Details, als es bei einem Lichtmikroskop der Fall ist.
Die Methodik basierte auf Erkenntnissen, die Forscher im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert auf dem Gebiet der Atomphysik erzielt hatten.

Auswirkungen auf das Leben der Menschen

Dank des Elektronenmikroskops konnten Forscher tief in die Vorgänge blicken, die sich in Größenordnungen abspielen, die dem menschlichen Auge und Lichtmikroskopen verborgen sind.
In der Chemie, Biologie und Medizin versetzte das Mikroskop Forscher in die Lage, die Struktur von Molekülen und die kleinsten Strukturen von Zellen zu erkennen. Dadurch eröffneten sich beispielsweise neue Ansätze zur Behandlung von Krankheiten.
Die Materialforschung profitierte von der Möglichkeit, die Bestandteile von anorganischen Strukturen genau zu analysieren, um stabilere, robustere und spezialisierte Materialien zu entwickeln, die heute auf verschiedenen Gebieten zur Anwendung kommen.

Weiterentwicklung der Lichtmikroskope

Fortschritte auf dem Gebiet der Optik führten im Verlauf des 20. Jahrhunderts zur Entwicklung neuer Linsen und Lichtquellen, die eine höhere Auflösung im Vergleich zu vorherigen Lichtmikroskop-Modellen boten. Diese ermöglichten einen Blick auf Größen im Bereich von etwa 0,2 Mikrometern, was ungefähr der Größe eines Bakteriums entspricht.
Zudem entwickelten Forscher das Konfokalmikroskop und die Fluoreszenzmikroskopie. Bei diesen Techniken kommen spezielle Farbstoffe und Laser zum Einsatz, die spezifische Strukturen sichtbar machen.
Dadurch konnten Wissenschaftler Vorgänge innerhalb von Zellen beobachten, die insbesondere die Wechselwirkung einzelner Organellen betreffen.

Warum hat das Elektronenmikroskop die Lichtmikroskope nicht verdrängt?

Obwohl Elektronenmikroskope eine deutlich höhere Auflösung boten und noch heute bieten, hatten die klassischen Lichtmikroskope noch immer ihre Daseinsberechtigung.
Lichtmikroskope erlauben den Blick auf die Vorgänge in lebenden Strukturen; dies ist aufgrund des notwendigen Vakuums und der anliegenden Hochspannung bei Elektronenmikroskopen nicht möglich.

Die Computertechnologie beeinflusst die Mikroskopie – und die Mikroskopie beeinflusst die Computertechnologie

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hielt die Computertechnologie vermehrt Einzug in die Wissenschaft.
Diese führte im Jahr 1981 zur Entwicklung des Rastertunnelmikroskops (RTM), das Wissenschaftler in einem Forschungslabor des US-amerikanischen IT-Konzerns IBM in Zürich erstmals konstruierten (https://www.leifiphysik.de/atomphysik/quantenmech-atommodell/ausblick/rastertunnelmikroskop).
Das RTM basiert auf dem sogenannten Tunneleffekt. Dieser ist aus der Quantenmechanik bekannt und besagt, dass Elektronen die Potenzialbarriere „hindurchtunneln“ können, wenn sie über ausreichende Energie verfügen.

Diese neue Technologie ermöglichte es den Wissenschaftlern, Objekte in einer Auflösung von wenigen Nanometern zu untersuchen, zu denen einzelne Atome zählen.
Die Erkenntnisse, die dieser abermals detaillierte Blick in den Mikrokosmos ermöglichte, führten vor allem auf dem Gebiet der Halbleitertechnologie zu neuen Innovationen, denen wir unsere heutigen Computer, Smartphones etc. verdanken.

Das Rasterkraftmikroskop erlaubt noch höhere Auflösungen

1986 entwickelte eine Gruppe von Forschern das Rasterkraftmikroskop. Dieses nutzt im Gegensatz zu anderen Mikroskopen keine Linse, sondern winzige Sonden, die die Anwender über Oberflächen führen. Das Rasterkraftmikroskop erlaubt es, Strukturen zu untersuchen, die etwa einen Nanometer groß sind.

Weitere Entwicklungen

Wissenschaftler kombinierten fortlaufend Techniken der Mikroskopie mit Erkenntnissen aus anderen Forschungszweigen. Die digitale Foto- und Videografie erlaubte detaillierte Aufnahmen der gemachten Beobachtungen.
Weitere bedeutsame Errungenschaften stellen Verfahren zur 3-D-Mikroskopie wie die tomografische Röntgenmikroskopie dar, die die Darstellung dreidimensionaler Bilder ermöglichte. Davon profitierten vor allem die Biologie und die Medizin, insbesondere die Onkologie.

Fazit

Im 20. Jahrhundert hat die Entwicklung der Mikroskope verschiedene Forschungszweige revolutioniert und das Leben der Menschen verbessert. Die aus den Beobachtungen des Mikrokosmos gewonnenen Erkenntnisse ermöglichten der Biologie, Chemie, Medizin und vielen anderen wissenschaftlichen Disziplinen die Entwicklung neuer Technologien und Verfahren, die heute als selbstverständlich gelten.
Die Mikroskopie hat unter anderem zur Entwicklung moderner Halbleiter beigetragen und die Heilungschancen von Menschen verbessert, die unter schweren Krankheiten leiden.
Es ist guten Gewissens zu sagen, dass die Mikroskopie die Welt zu einem besseren Ort gemacht hat – und dies auch in Zukunft der Fall sein wird.

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